Ein Briefwechsel

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von Rainer Ernst Schütz

Datiert mit 6. August traf im Büro unseres Clubs ein Brief des Vereines für Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit ein, der sich allerdings rasch als Irrläufer herausgestellt hat.

Aber manchmal kann man auch aus Irrtümern erstaunlich viel lernen.

Den Brief des ZARA-Teams und meine Antwort vom 22. August finden Sie auf den folgenden Seiten.

Eine Veranstaltung zu diesem Thema wird folgen.

ZARA
Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit

Klub Unabhängiger Liberaler
z.H. Hr. Rainer Ernst Schütz
Postfach 71
1035 Wien


Wien, am 6. August 2002

Betrifft: Ihre Inserate l Zur Zeit

Sehr geehrter Herr Schütz!

Der Verein ZARA Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit betreibt in Wien eine Beratungsstelle für ZeugInnen und Opfer von Rassismus. Aufgrund einer Beschwerde eines Klienten wenden wir uns wieder bezüglich der Inserate des Liberalen Klubs in der Wochenzeitung "Zur Zeit" an Sie.

Sie haben in den Ausgaben Nr. 46/01, Nr. 3/02, Nr. 11/02, Nr. 16/02, Nr. 23/02 in besagter Zeitung Inserate geschaltet und unterstützen dadurch die genannte Publikation finanziell beträchtlich.

Wir möchten Sie darauf aufmerksam machen, dass es sich bei "Zur Zeit" jedoch um eine einschlägige rechtskonservative Druckschrift handelt:

"Zur Zeit" ist seit 1997 das "Schwesterblatt" (Eigendefinition) der "Jungen Freiheit". Diese Zeitschrift, mit der noch immer enge Verknüpfungen bestehen, wird von Nordrhein-Westfälischen und Hamburger Verfassungsschutzberichten (Herausgeber: Deutsches Innenministerium) als "rechtsextrem" eingestuft.

Viele der - besonders in der Anfangszeit von "Zur Zeit" engagierten - Autoren sind dem rechtsextremen und deutschnationalen Milieu zuzuordnen, leitende Mitarbeiter (z.B. Jürgen Hatzenbichler, leitender Redakteur) waren aktive "Führer" bei mittlerweile verbotenen neonazistischen Organisationen ("Nationale Front") in Österreich.

Des weiteren wurde ein "Zur Zeit" -Autor für einen Artikel in der gen. Zeitung 2001 vom Landesgericht für Strafsachen wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt (er leugnete in der Ausgabe vom 23/1999 den Holocaust, die Existenz der nationalsozialistischen Gaskammern, bezeichnete Rudolf Hess als "kühnen Idealisten", berief sich bei der Anzweifelung der technischen Durchführbarkeit der Massenvergasungen auf bekannte rechtsextreme und neonazistische Revisionisten). Von den fragwürdigen Inhalten und den deutschnationalen (Nr. 22/01: "Deutschtum besser fördern!"), xenophoben, antisemitischen (Verurteilung durch den Presserat, 1998, wegen Argumentation mithilfe des nachweislich widerlegten Ritualmordmythos des "Anderl vom Rinn" im Dezember 1997) und anti-muslimischen (Nr. 23/01: "Die aufgeklärte, westlich-liberale, dem Individuum viel Raum gebende Zivilisation verhält sich zur mittelalterlich-unterdrückerischen, kollektivstischen islamischen wie Feuer zu Wasser."), sowie homophoben (Nr. 23/01: "Ungustiös: Schwuchteln ,Werbe'tour") Tendenzen der Blattlinie können Sie sich selbst überzeugen.

Die Unterstützung einer derartigen Publikation durch Ihre Werbeeinschaltung bedeutet, beim Wachstum der Zeitung mitzuhelfen und die durch "Zur Zeit" vertretenen rechtsextremen Tendenzen in Österreich zu unterstützen. Eine derartige indirekte Förderungspolitik ist eindeutig politisch zu werten, und würde sicher auch so von Außen wahrgenommen werden. (siehe auch Artikel im "Der Standard" vom 23. Jänner 2002, der aufgrund einer ZARA-Presseaussendung vom 17. Jänner 2002 erschienen ist)

Wir können uns nicht vorstellen, dass Sie und der Liberale Klub an der Unterstützung und Verbreitung derartiger (obg.) Inhalte beteiligt sein möchte, bzw. dass Ihre dahingehende Werbepolitik von den Österreicherinnen und Österreichern toleriert bzw. goutiert würde.

Wir bitten Sie hiermit dringendst schriftlich um eine grundsätzliche Stellungnahme, um eine Offenlegung Ihrer Position zu obengenannten Inhalten der gen. Zeitung, und um Nachricht, was wir unserem Klienten und Vielen weiteren KundInnen mitteilen dürfen, wie Sie in Zukunft mit Ihrer Unterstützung für tendenziös- rechtsextreme Publikationen umgehen werden.

Mit freundlichen Grüßen,

(Unterschrift unleserlich)

das ZARA - Team

ZARA- Verein für Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit, A-1071 Wien, Postfach 220, Tel 01/9291399 email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! , www.zara.or.at, Kto. 0521-13628/00, BLZ 11000, CA-BV

CLUB UNABHÄNGIGER LIBERALER
FÜR LIBERALE ALLER RICHTUNGEN UND AUS ALLEN PARTEIEN

Vorstand:  Rainer Ernst Schütz  LAbg.a.D.Friedrich Kuchar
Prof.Dr.Anton Szanya                                                                       Walfried Langer
HR.Mag.Dieter Grillmayer  Prof.Kurt R. Leube
Hans Hacker Prof.Frederick Mayer
Elisabeth Schütz Univ.Prof.Dr.Reinhard Neck
Botschafter Dkfm.Dr.Gerhard Velcovsky Abg.z.NR.a.D.Univ.Prof..Dr.Heinrich Neisser
Mag.Dr.Georg Vetter DDr.Günther Nenning
Beirat: Dr.Fidelis Bauer Günter Ofner
Univ.Doz.Dr.Maximilian Binder Landesrat Dipl.Ing.Herbert Paierl
Mag.Vivien Bronner Vizekanzler a.D.Dipl.Ing.Josef Riegler
Univ.Doz.Dr.Günther Burkert-Dottolo Vizekanzlerin Dr.Susanne Riess-Passer
Vizekanzler a.D.Dr.Erhard Busek Mag.Mehrdad Sadjadi
Dr.Erhard Fürst Univ.Prof.Dr.Friedrich Schneider
Univ.Prof.Dr.Ro­land Girtler Dr.Arthur Spiegler
Dkfm.Kurt Gritsch Univ.Doz.Prof.Dr.Gerhard Spitzer
Univ.Prof.Dr.Elisabeth Haselauer Vizekanzler a.D.Dr.Norbert Steger
LAbg.GR.a.D.Dr.Johannes Hawlik Dr.Gexi Tostmann
Dkfm.Dr.Heinrich Hoffmann Abg.z.NR.a.D.Gabrielle Traxler
Univ.Prof.Dr.Robert Holzmann Sabine Wilhelmi
Dkfm.Dr.Georg Hotar Dr.Albert Zlabinger

 

An den Verein ZARA
Postfach 220
A-1071 Wien

Wien, am 21. August 2002

Betrifft: Ihr Schreiben vom 6. August 2002

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bestätige den Erhalt Ihres Schreibens vom 6. August, das ich mit Interesse, aber auch mit einiger Verwunderung gelesen habe.

Der Club unabhängiger Liberaler, dem vorzustehen ich die Ehre habe, und an dessen Adresse Sie Ihr Schreiben, namentlich an mich adressiert, gerichtet haben, ist seit seiner Gründung im Herbst 1986 eine Institution, die sich in ihrer – jederzeit auf der Internet-Homepage des Clubs einsehbaren – Selbstdarstellung wie folgt definiert (ich zitiere wörtlich):


"Der Club unabhängiger Liberaler vereint Mitglieder aus allen politischen Parteien zur gemeinsamen Pflege und Weiterentwicklung liberaler Werte. Die bewußte Offenheit für alle politischen Parteien (unter besonderer Hinwendung zu den außerhalb des Dritten Lagers gepflegten liberalen Traditionen) verbunden mit dem persönlichen Bekenntnis der Mitglieder zum Liberalismus ist in Österreich einzigartig und macht den Reiz des Clubs aus. Der Club unabhängiger Liberaler definiert sich als antifaschistisch und distanziert sich von allen chauvi-nistischen, rassistischen und fundamentalis¬tischen Tendenzen. Er pflegt gleichermaßen die untrennbar mit der französischen Revolution verbundenen Freiheitsideale wie auch die (älteren) angelsächsischen humanistischez.Bn und liberalen Traditionen, und will den in der Parteienlandschaft Österreichs weniger stark vertretenen liberalen Strömungen (wie . jener der Österreichischen Schule der National¬ökonomie) eine politische Heimat geben."

Der Club unabhängiger Liberaler inseriert nicht in der von Ihnen angesprochenen Wochenzeitung "Zur Zeit" (und hat dort auch nie inseriert), sondern er inseriert in der jüdischen Kulturzeitschrift "David".

Ganz offensichtlich war mit Ihrem Schreiben der im Vorfeld der FPÖ agierende "Liberale Klub" gemeint, der tatsächlich in "Zur Zeit" inseriert, dessen Präsident aber Herr MR.Dr.Fritz Werner Schmidt ist, und dessen Adresse Wien 8, Florianigasse 16/8 ist.

Damit könnte ich die Angelegenheit als für uns beendet betrachten, wären da nicht doch einige Gesichtspunkte von Interesse, die zu bedenken sich lohnen könnte:

 

 

Ich schlage daher vor, und zwar insbesondere im Hinblick auf den ersten Punkt, daß Sie als Gäste eines Politischen Salons des Clubs unabhängiger Liberaler Ihre Institution und Ihre Ziele unseren Mitgliedern und Freunden vorstellen, und mit uns über die damit zusammenhängenden Fragen diskutieren. Als Termin kommt jeder Abend, Mo – Do, von ende September bis Mai 2003 in Frage. Ich lade Sie ein, mit mir bezüglich einer genauen Terminvereinbarung brieflich, telefonisch oder per e-mail in Kontakt zu treten.

Ich freue mich auf Ihre Antwort und verbleibe mit den besten Grüßen,

Rainer Ernst Schütz
Präsident des
"Club unabhängiger Liberaler"

P.S.: Als Vorankündigung des erwähnten Politischen Salons stelle ich diesen Briefwechsel ins Internet.