Zu Gast im Club Unabhängiger Liberaler: Mag. Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung

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„Die Zukunft der Industrie“ lautete das Thema eines Vortrags, der vor vollem Haus über die Bühne ging. Christoph Neumayer, der sein Amt als Generalsekretär der IV seit mehr als 12 Jahren ausübt, präsentierte eingangs einige interessante Zahlen: Der Anteil der Industrie an der Wertschöpfung im Land am Strome beträgt mehr als 50 Prozent. Die Zahl der Beschäftigten in der Industrie, beläuft sich auf rund eine Million, wobei deren Einkommen um etwa 25 Prozent über jenem in anderen Wirtschaftssegmenten liegen. Die Industrie ist der größte Lehrlingsausbilder Österreichs. 50 Prozent des Aufwands für Forschung und Entwicklung wird von Industrieunternehmen getragen.

Die staatliche Forschungsprämie in der Höhe von 14 Prozent der Kosten, ist ein wertvolles Mittel, Industriebetriebe im Land zu halten, bzw. – trotz hoher Löhne – Investitionen ins Land zu holen. Zuletzt waren das zwei Mal 900 Millionen, die Boehriger Ingelheim in Wien und in Bruck an der Leitha investiert. Österreich ist als Industriestandort also immer noch attraktiv.

Die hohe Inflation sieht Neumayer als großes – zu einem guten Teil hausgemachtes – Problem. Es ist darauf zu achten, deren Perpetuierung durch „Mehrrundeneffekte“ (extrem hohe Lohnabschlüsse, die zuletzt allesamt über der Inflationsrate lagen und die zu einem weiteren Preisauftrieb führen werden) zu vermeiden.

Gas ist und bleibt der wichtigste Primärenergiegrundstoff für die Industrie. Der Preis dafür hat von 2020 bis 2022 um sagenhafte 286 Prozent angezogen. Dass der Gaspreis in den USA bei einem Viertel des Wertes liegt, der in Euroland gezahlt wird, ist eine Gefahr. Der Austausch einer Abhängigkeit (von den Russen) durch eine andere (von Arabern und/oder Chinesen), kann übrigens nicht der Weisheit letzter Schluss sein.

Österreich weist, zusammen mit Belgien, mit 5,4 Prozent die meisten offenen Arbeitsstellen innerhalb der EU auf. In Wien als einzigem Bundesland, gibt es einen Überhang von Arbeitssuchenden.

Das Pensionsfinanzierungsproblem harrt noch immer seiner Lösung. Halten wir derzeit bei einer Quote von 3,2 Aktiven pro Pensionisten, wird sich diese bis 2050 auf 1,9 verringern. Niemand traut sich dieses heiße Eisen als erster anzufassen!

Was Österreich braucht, ist eine aktive Zuwanderungspolitik. Der bisherige Umgang mit dem Thema, bringt die falschen Leute ins Land. Österreich sollte nicht für Analphabeten, sondern für gut qualifizierte Menschen ein interessantes Ziel sein. Die „Österreichkarte“ alleine reicht dafür nicht. Auf Nachfrage bestätigt Neumayer die Notwendigkeit der Errichtung eines Rekrutierungsbüros in Indien.

Die Arbeitskosten in Österreich sind (zu) hoch: Beläuft sich der durchschnittliche Stundensatz in der EU auf 30,5 Euro, liegt dieser Wert in Österreich bei 39,- Euro – also um rund 30 Prozent höher.

Die Wachstumsprognosen für Euroland und Österreich sind für dieses und das Jahr 2024 schwach (Deutschland befindet sich heuer offenbar sogar in einer „technischen Rezession“). Der Rest der Welt - insbesondere – China – wächst wesentlich stärker.

Neumayer sieht die Notwendigkeit, den „Wertekompass zu drehen.“ Während die Grünen alles dran setzen, einen allgegenwärtigen Nannystate zu errichten, sollte vielmehr wieder die Eigenverantwortung in den Vordergrund gestellt werden. Die Bürger sind keine „schlimmen Kinder“, die vom Staat permanent überwacht und geführt werden wollen.

Es bedarf einer vorausschauenden Energiepolitik, um Planungssicherheit zu gewährleisten. Ideologisch getriebene Handelshemmnisse (z. B. die Torpedierung des Mercosur-Vertrages) sind – zum Wohl des Standortes - abzubauen. Die Macht der Landwirtschaftskammer hat in dieser Angelegenheit offensichtlich ausgereicht, um die Interessen einiger weniger Rinderbauern über die des Rests der Republik zu stellen.

In der anschließenden Debatte ging es u. a. um die Darstellung der IV in der Öffentlichkeit. Die geringe personelle und materielle Ausstattung der Organisation limitiert naturgemäß ihre Möglichkeiten. An den entscheidenden Stellen wird – von der Öffentlichkeit meist unbemerkt - dennoch Wirkung erzielt.

Ein zusätzliches Problem bildet der Umstand, dass die Medienzunft dem linken Zeitgeist anhängt und Industriethemen kritisch gegenübersteht. Das macht die Öffentlichkeitsarbeit der IV nicht leichter. Neumayer betont, die IV „kampagnenfähig“ gemacht zu haben, um auf einen allfälligen Paradigmenwechsel nach der NR-Wahl im kommenden Jahr (eine Regierung ohne Beteiligung der ÖVP?) vorbereitet zu sein.

Auf das Phänomen „Merit Order“ angesprochen meint Neumayer, dass diese zwar „nicht für Krisenzeiten erfunden wurde“, grundsätzlich aber kein schlechtes Konzept ist.  

Ein Problem sieht Neumayer in bei praktisch allen politischen Parteien fehlenden ordnungspolitischen Konzepten. So ist es schwer einzuschätzen, woran man ist.

Das von der EU geplante Vermögensregister lässt nichts Gutes ahnen. Die linke Mehrheit im EU-Parlament, bedient einfach planwirtschaftliche Phantasien.

Im geplanten EU-Lieferkettengesetz sieht Neumayer eine Bedrohung für den Mittelstand, der den darin enthaltenen Vorgaben – wenn überhaupt – nur unter größten Schwierigkeiten gerecht werden kann.

Rund 70 Prozent des heimischen Rechtsbestandes werden von der EU vorgegeben. Nur noch in wenigen Feldern – etwa im Steuerrecht – herrscht nationalstaatliche Autonomie.

Dass der europäische Zug in Richtung Planwirtschaft fährt (begonnen mit dem Glühbirnenverbot, gefolgt von der Limitierung der Staubsaugerleistung (!) bis zum aktuell dräuenden Verbot von Verbrennungsmotoren für Pkw) wird von Neumayer nicht bestritten.

Fazit: Die gegenwärtig vorherrschende Grünideologie entwickelt inzwischen religiöse Züge. Ob dagegen erfolgreich angekämpft werden kann, wird die Zukunft der EU und Österreichs maßgeblich bestimmen.

 

 Andreas Tögel

  

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