Mehr Wende in der Steuerpolitik

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von Mag.Dr. Georg Vetter

Für ein funktionierendes Steuersystem genügt nicht die formelle Beschlussfassung durch Regierung und Parlament, sondern es bedarf auch der Akzeptanz des Steuerzahlers. Sonst kommt es zur Steuervermeidung, sei es durch die Wahrnemung gestalterischer Speilräume, durch Steuerflucht oder auch Steuerhinterziehung. Der Staat wird zum betrogenen Betrüger. Hannes Androsch, der vom Obersten Gerichtshof im Jahr 1993 zu einer Geldstrafe von 1,7 Millionen Schilling verurteilt wurde, stieß daher mit seinem Steuerstrafverfahren nicht nur auf Empörung, sondern auch auf insgeheime Sympathie, da er sich mit vielen anderen Steuerzahlern auf die gleiche Stufe gestellt hatte und als Finanzminister die Steuerhinterziehung quasi legitimierte.

Wissenschaftlich aufgearbeitet wurde die Steueroptimierungsdebatte mit der sogenannten Laffer-Kurve. Ihre Grundaussage ist folgende: Ein Staat, der keine Steuern einhebt, hat logischerweise eine leere Staatskassa. Ebenso leer sind aber die Kassen eines Staates, der eine hundertprozentige Besteuerung vornehmen will: Dann nämlich wird kein Mensch mehr arbeiten und Steuern zahlen. Wer schuftet schon ausschließlich und zwangsweise für den Fiskus? Das Maximum an erzielbaren Steuereinnahmen muß also irgendwo dazwischen liegen. Diese ideale Aufkommenshöhe ist von Staat zu Staat verschieden und hängt von zahlreichen Faktoren, etwa den staatlichen Leistungen und der Steuertradition, ab. In der Regel wird die ideale Steuerbelastung bei 33 Prozent liegen.

Auch die österreichische Steuerpolitik muß erkennen, daß der Höhepunkt der Laffer-Kurve überschritten sein muß. Die Aufkommensflexibilität des Steuersystems läßt merklich nach und liegt deutlich unter eins. Man muß daher gar keine große Phantasie haben und die Unterschiede zwischen dem österreichischen und dem spanischen Steuersystem gar nicht kennen, um zu erahnen, warum sich seinerzeit so prominente Österreicher wie ein ehemaliger Bundeskanzler oder diverse Sportler in Mallorca niedergelassen haben oder eine bekannte Fluglinie ihre Buchhaltung in Indien erledigen läßt. Legale Steuervermeidung und illegale Steuerhinterziehung sind Ausdruck eines Aufbegehrens gegen ein als ungerecht empfundenes System. Sie sind Widerstand gegen Ausbeutung durch den Staat, manchmal sogar Ausdruck eines Selbsterhaltungstriebes und Notwehr gegen steuergesetzliche Enteignung. Erwähnt sei die Sonderumsatzsteuer im Dezember, durch die der Saat in besonderer Weise zur Zersetzung der Steuermoral beiträgt. Leitlinie zukünftiger Steuerreformen sollte sowohl eine deutliche Tarifsenkung als auch die Forderung nach Vereinfachung und Transparenz sein.

Ausblick

Wenn es im eigenen Hause nicht läuft, neigen die Menschen dazu, Dritte dafür verantwortlich zu machen. In der Politik ist das nicht anders. Schuld seien der obstruierende politische Gegner, die Kommission in Brüssel oder der Euro. Auch die österreichische Regierung neigt dazu, die Umstände wie die Konjunktur für die Unmöglichkeit, besser: für ihren Unwillen zu einer Steuerreform verantwortlich zu machen. Sie erkennt zwar, daß die Staatsquote zu hoch ist, zieht aber daraus nicht die richtigen Konsequenzen. Dabei wären deutlich gesenkte Tarife auch eine Chance im europäischen Steuerwettbewerb. Gerade wenn in Deutschland Rot-Grün den Stabilitätspakt verläßt, in wahlbetrügerischer Manier zum großen Steuererhöhen bläst und in ganz besonderer Weise für die Schwäche des Euros in den letzten Jahren verantwortlich zeichnet, sollte sich Österreich den Deutschen als Niedrigsteuerland anbieten. Konzerne wie Siemens denken ja schon darüber nach, ihre Zentralen nach Österreich zu verlegen (FAZ vom 20.10.2002).

Die ÖVP hat nun die wohl einmalige Chance, sich als die Wirtschaftspartei zu präsentieren. Wenn sie ihren halbsozialistischen Verteilungspopulismus über Bord wirft und das Wort vom mündigen Bürger ernst nimmt, kann sie aus Österreich tatsächlich ein alternatives Prosperitätsangebot machen. Denn auch Rot und Grün, die von der Gratisgesellschaft träumen – Gratisverteidigung, Gratisbildung, Gratisgesundheit etc – haben nur eine Chance, wenn die ÖVP die Versorgungsmentalität fördert. Wird hingegen der Mensch in der Demokratie als eigenverantwortliches Wesen behandelt, kann auch die Sozialromantik um Gusenbauer und Van der Bellen immer nur Träumerei bleiben. Die ÖVP sei daher aufgefordert, dem Bürger zu vertrauen, den Markt zu stärken und die Wende zu intensivieren.

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