Mehr Markt - mehr Freiheit - mehr Verantwortung
Die aufkeimende Kapitalismusdebatte mutet schon recht seltsam an: Jene, die in der politischen Auseinandersetzung sehr schnell mit dem Vorwurf der Ausländerfeindlichkeit hantieren, sind oft auch jene, die uns vor den Folgen der so genannten Globalisierung warnen und Fremdbestimmungsängste schüren. Jene, die überall eine Ausbeutung der Dritten Welt orten, gehen Hand in Hand mit jenen, die Schutzzölle gegen außereuropäische Waren fordern. Jene, die gegen das internationale Finanzkapital wettern, sind die ersten, die für ihre eigenen Projekte die Hand aufhalten.
Wie immer in der Geschichte haben die Menschen ein zwiespältiges Verhältnis zur Freiheit: Einerseits sehnen sie sich nach ihr, andererseits fürchten sie sich. Freiheit bedeutet auch Verantwortung, und die zu übernehmen ist nicht jedermann bereit. Geführt zu werden wie eine Herde scheint manchen ein Leben ohne Last. In dieses gefühlsmäßige Dilemma stoßen jene, die unter dem Schlagwort neoliberal die Angst vor einer freien Welt schüren. Was vor hundert Jahren Judenliberalismus hieß, heißt heute Neoliberalismus und meint immer noch dasselbe: Fürchtet Euch vor der Freiheit – und ihr habt Recht, wenn ihr Euch davor fürchtet!
Letztlich ist eine solche Mentalität die Wegbereiterin der Unmündigkeit. Daher ist es so wichtig, ein positives Verhältnis zur Freiheit zu finden. Wer einem Kind jahrelang einbläut, dass das Erwachsensein eine unerträgliche Verantwortung bedeutet, wird in der Erziehung versagen.
Niemand darf glauben, dass ein Zustand der immerwährenden Glückseligkeit erreicht werden kann. Leben wird immer Wandel und Veränderung bedeuten – darin liegt eben auch die Herausforderung. Einem Endzustand auf dieser Erde würde die Spannung des Lebens fehlen.
Wer andererseits daran glaubt, dass Erfüllung etwas mit der Möglichkeit zur Verwirklichung des eigenen Weges zu tun hat, wird sich nicht in die fürsorglichen Arme des Staates werfen. Er wird von diesem Staat größtmögliche Freiräume verlangen.
Ein erster Ansatz wird es sein, die Steuerbelastung zu senken. Wenn die Menschen meinen, dass sie selbst am besten wissen, wie sie ihren Weg gehen sollen, werden die Behörden nicht um die Verwirklichung irgendeiner Verteilungsgerechtigkeit angerufen werden, die letztlich nur von einer kleinen Minderheit nach deren eigenen Wertungen bestimmt würde. Die Minimierung der Steuerlast ist also eine Bedingung einer freien Gesellschaft. Die Senkung der Körperschaftssteuer auf 25 Prozent sowie die Einführung der Gruppenbesteuerung erscheinen diesbezüglich als Schritte in die richtige Richtung. Ähnliche Schritte bei der Lohn- und Einkommensteuer müssten konsequenterweise folgen.
Der rein pekuniäre Aspekt wird einer Gesellschaft freier Menschen aber nicht genügen. Sie werden eine Sehnsucht danach verspüren, ihr Leben frei zu gestalten. Hiezu bedarf es vor allem auch des Privateigentums und der Vertragsfreiheit, die beide vom Staat zu garantieren sind.
Der Schutz des Eigentums ist meiner Ansicht nach in Teilbereichen noch wesentlich verbesserungsfähig. Seit die Regierung im Jahr 2000 die Privatisierungsgeschwindigkeit erhöht und sich die Zahl der Eigentümer der österreichischen Großbetriebe vervielfacht hat, zeigt sich immer deutlicher ein rechtliches Defizit: Die Aktionäre in Österreich haben zu wenig Rechte. Sie dürfen investieren, aber zu wenig mitbestimmen. Sie haben keine durchsetzbaren Auskunftsrechte, ihnen werden bei Übervorteilung juristische Prügel zwischen die Füße geworfen und sie können relativ leicht und in einem bedenklichen, weil halbgeheimen Verfahren enteignet werden.
Wenn die großen Aktiengesellschaften die Träger der kapitalistischen Wirtschaft sind, dann ist das Aktienrecht folgerichtig deren juristisches Herzstück. Unser völlig veraltetes Aktienrecht, das in wesentlichen Bestimmungen noch aus der Zeit des Nationalsozialismus stammt, geht – wenig verwunderlich - von einem zu führenden, also verachteten Aktionär aus. Die Mündigkeit eines freien Menschen war nicht der Leitstern, der über der Wiege des nach wie vor geltenden Aktienrechts schwebte. So ist es verständlch, dass die Aktionäre in ihrer Rechtlosigkeit in eine Art Apathie verfallen sind, aus der sie sich selbst nur schwer befreien können.