Mehr Markt - mehr Freiheit - mehr Verantwortung

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von Mag.Dr. Georg Vetter

Manager tragen zwar theoretisch eine große Verantwortung – wenn sie allerdings einen Fehler machen, können sie kaum zur Verantwortung gezogen werden. Wer es sich mit der Mehrheit seiner Aktionäre, also meist dem Mehrheitsaktionär, nicht verscherzt, wird praktisch nie mit Haftungsfällen konfrontiert sein. Tatsächlich existiert also ein Haftungsprivileg für die Organmitglieder unserer Großgesellschaften. Darüber weiß die breite Masse im deutschsprachigen Raum spätestens seit den Mannesmann-Abfertigungen Bescheid. Kein Wunder also, wenn die Kapitalismusdebatte auf dem fruchtbaren Boden des Unbehagens gedeiht.

Wenn Freiheit und Verantwortung zusammen gehören, darf es für Manager kein Haftungsprivileg geben. Eine Durchbrechung dieses Privilegs hat vor wenigen Wochen ein Gesetzesentwurf versucht, der Manager dann zur persönlichen Verantwortung ziehen wollte, wenn diese im Zuge einer Emission grob fahrlässig oder gar vorsätzlich falsche Angaben tätigen und dadurch Anleger schädigen. Vorsätzlich bedeutet Betrug, und auch grobe Fahrlässigkeit passiert einem anständigen Menschen nicht. Wer beispielsweise im betrunkenen Zustand mit seinem Auto in eine Menschenmenge rast, handelt grob fahrlässig.

Die Spitzen der österreichischen Wirtschaft haben diese Durchbrechung des Haftungsprivilegs aus dem Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz 2005 mit dem Argument herausreklamiert, dass eine solche Bestimmung dem Wirtschaftsstandort Österreich schade – und schon reagierte die Politik. Der geplante Paragraf wurde gestrichen.

Im Ergebnis haben sich die Wirtschaftsbosse mit diesem Lobbying mit jenen solidarisiert, die die Gauner ihrer Branche sind. Während jeder Steuerberater oder Anwalt für jede Fahrlässigkeit haftet, wäre hier nur eine Haftung für grobes Verschulden bei der Schädigung von Anlegern vorgesehen gewesen. Ich glaube, dass die Exponenten dieses Lobbyings sich gar nicht der Tragweite ihres Tuns – nämlich des Schutzes der schwarzen Schafe - bewusst gewesen sind. Somit haben jene, die möglichst viel Freiraum verlangen und den Sozialismus ablehnen, sich selbst eine geschützte Werkstatt geschaffen. Das nennt man einen Bärendienst.

Die Konsequenz eines nicht funktionierenden Rechtssystems wird immer der vermehrte Einfluss des Staates sein. Wovor die Vertreter einer freien und sozialen Marktwirtschaft jahrelang gewarnt haben, ist daher bereits Wirklichkeit geworden: Das Aktienamt. Das Aktienamt existiert in Österreich unter dem Namen der Übernahmekommission, die Aktionäre vor Benachteiligungen schützen soll. Diese (Inquisitions)Behörde ist so mächtig wie keine zweite. Sie hat Verordnungskompetenz, ist Richter und auch Strafbehörde. Sie erlässt Gebote und Verbote, gewährt Ausnahmen, beschneidet Stimmrechte und darf selbst Dividendenansprüche aussetzen. All das hat im Zusammenhang mit Böhler-Uddeholm zu einer intensiven Debatte geführt. Was allerdings noch nicht ausreichend erkannt worden ist, ist die Tatsache, dass der Machtanspruch des Staates die Kehrseite der mangelnden Individualansprüche darstellt.

Wir stehen in ständiger wirtschaftspolitischer Konkurrenz mit anderen Staaten, insbesondere unseren Nachbarländen. Deutschland hat uns mit seiner rot-grünen Jakobinerregierung bisher den Wettstreit einfach gemacht: Kapital ist wie auf einer schiefen Ebene nach Österreich geflossen. Sollte die Bundesrepublik nach der nächsten Bundestagswahl wieder Tritt fassen, wird es mit dieser Selbstverständlichkeit vorbei sein. Dann werden wir einen vertrauenserweckenden Rechtsrahmen brauchen, in dem die Eigentumsrechte qualitativ hochwertig definiert sind. Wer davon ausgeht, dass Freiheit und Verantwortung zusammengehören, wird auch den Aktionärschutz als Investitionsschutz verstehen.

Es bedarf eines solchen Verständnisses, um das Vertrauen in die freie Marktwirtschaft zu stärken. Darin liegt der wahre Dienst für den Wirtschaftsstandort Österreich.

Mag. rer. soc. oec. Dr. Georg Vetter ist Rechtsanwalt in Wien. Er ist Autor des Buches „Die neue Macht der Aktionäre“ (Ibera Verlag) und Vizepräsident des Clubs unabhängiger Liberaler.

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