Wirtschaftspolitik aus Grüner Sicht
Seit dem Abgang des stets bedächtigen „Wirtschaftsprofessors“ Van der Bellen konzentriert sich die gesamte wirtschaftspolitische Kompetenz der Grünen in der Person des gelernten Volkswirts Werner Kogler, der den Grünen als Finanz- und Budgetsprecher dient und derzeit das Amt des Vorsitzenden des parlamentarischen Rechnungshofausschusses innehat. Im Club Unabhängiger Liberaler sprach er zum Thema Wirtschaftspolitik aus Grüner Sicht.
Eingangs betonte Kogler, „…dass bei den Grünen praktisch alles auf Wirtschaftspolitik hinausläuft, wie andererseits auch alles unter dem Aspekt der Umweltpolitik gesehen wird“. Die beiden Themenfelder seien schließlich nicht voneinander zu trennen. Die Grünen wären sich durchaus bewusst, dass es eine funktionierende Wirtschaft brauche, um die Gesellschaft zu versorgen. Dass man am Ende nur verteilen könne, was zuerst einmal erarbeitet wurde, wäre ihnen ebenfalls klar. Unter diesen Voraussetzungen überrascht nicht einmal das Bekenntnis zu einem „ausgeglichenen Staatshaushalt“ – wenngleich dieses Ziel nur „über einen sehr langen Zeitraum“ angestrebt werde. Ganz im Sinne Maynard Keynes´ allerdings äußert Kogler seine Überzeugung, dass „Nachfrageausfälle während einer Krise durch staatlich finanzierte Nachfragesubstitution ausgeglichen“ werden müssten - was faktisch auf das Anwerfen der Geldpresse hinausläuft.
Kogler hat eine beruhigende Botschaft an Investoren und Unternehmer im Gepäck: „Die Grünen sind nicht grundsätzlich wirtschaftsfeindlich.“ Sie träten allerdings entschlossen gegen „Marktverzerrungen“ auf, wie sie insbesondere in den Bereichen Landwirtschaft, Nahrungsmittelproduktion und Transitpolitik an der Tagesordnung seien. „Kostenwahrheit“ in allen Sektoren lautet hier das Grüne Credo. Man sei zum Beispiel nicht gegen den Warentransit, aber der müsse einfach alle von ihm verursachten Kosten tragen.
Die Grünen sähen sich auch als „Anwaltschaft der Vernunft“ – etwa für noch Ungeborene und andere vernachlässigte „Gruppen, die über keine einflussreichen Lobbys verfügten, die ihre Interessen durchsetzen.“ Kogler ortet „Marktversagen“ – etwa im Bereich fossiler Energieträger, die „viel zu wertvoll zum Verheizen sind“ und die man eher zur Fertigung langlebiger Produkte denn als Treibstoff verwenden sollte. Hier käme es durch „falsche Kostenbedingungen“ zu Fehlverwendungen.
Zur Frage der Bankenrettung: Es sei „…falsch gewesen, sich bedingungslos auf die Rettung maroder Banken festzulegen.“ Auch Banken müssten in Konkurs gehen können. Dazu bedürfe es allerdings eines Bankeninsolvenzrechts, das es derzeit weder auf nationaler, noch auf EU-Ebene gebe. Die Privatisierung allfälliger Gewinne von Banken, die im Falle schwerwiegender Misswirtschaft ihre Verluste aber ungestraft sozialisieren könnten, sei das „Gegenteil von Marktwirtschaft“ – womit Kogler den Nagel auf den Kopf trifft. Bisher wären „rund sechs Mrd. Euro“ für Rettung österreichischer Banken verbraten worden. „Dieses Geld sehen wir nie mehr wieder“.
Die Grünen seien keineswegs „Planwirtschafter“. Preise sollten sich durchaus auf dem Markt bilden – allerdings unter klaren (politischen) Vorgaben. Dem Staat obliege die Aufgabe, darüber zu wachen, dass es nicht zur Bildung von Monopolen oder Oligopolen zum Nachteil der Konsumenten kommt.
Kogler wendet sich gegen den Austritt einzelner Länder aus der Eurozone. „Das bringt nur Nachteile.“ Man könne die bereits entstandenen Verflechtungen nicht ohne weiteres und ohne kollektive Schäden wieder auflösen. Man hätte allerdings „…einige „Südländer seinerzeit nicht aufnehmen dürfen“. Konkret nennt er Griechenland und Portugal.
Nach seiner Haltung zum Steuersystem befragt, zeigte er sich von der hohen Gesamtbelastung unbeeindruckt. Über die Verteilung der Steuerlasten allerdings sollte man sich Gedanken machen. Dass jemand, der in seinem ganzen Leben fünf Millionen Euro verdient, davon (alle Steuern und Abgaben zusammengerechnet) die Hälfte an den Fiskus abzuführen hat, während jemand, der fünf Millionen Euro erbt, alles behalten könne, „…geht weder in meinen Kopf, noch in mein Herz“. Der Begriff „Substanzsteuer“ (im Falle der Erbschaftssteuer) sei zu diskutieren, denn beim Erbe handle es sich ja um einen Vermögenszulauf – also ein (nach seiner Meinung also zu versteuerndes) Einkommen.
Die Ursachen der gegenwärtigen Krise führe er nicht allein auf „Gier“ und „Spekulation“ zurück. Ursache sei vielmehr eine Mischung aus mehreren Ursachen, zu denen auch „Staatsversagen“ - z. B. eine unverhältnismäßige Aufblähung der Ausgaben und die mangelnde Kontrolle des Finanzsektors - zähle.
Der Europäischen Integration stehe er Großteils positiv gegenüber, weil „vieles nur im Großen zu regeln ist.“ Eher überraschend seine Feststellung „kein Kritiker des Zinssystems“ zu sein. Besonders Linke erblicken den Teufel ja sehr häufig in Gestalt von Zins und Zinsenszins.
Kogler stellte fest, nicht grundsätzlich gegen Privatisierungen zu sein. Er habe etwa (anders als viele seiner Parteigenossen) nicht einmal etwas gegen von privater Hand geführte Schulen. Allerdings müsse zur Herstellung von Chancengleichheit der Staat denjenigen (kostenlose) Bildungsangebote machen, die es sich sonst nicht leisten könnten. „Meinetwegen können sie das Paternalismus nennen.“
Genau das ist es wohl! Grüne Politik läuft leider meist auf Paternalismus hinaus. Wirtschaftskompetenz hat dagegen noch nie zu den Dingen gezählt, die man den Grünen zuschreibt. Wie alle überzeugten Etatisten, verstehen sie zwar viel vom Geldausgeben, haben aber keinen Schimmer, wie Geld verdient wird. Das ist deshalb nicht weiter verwunderlich, da (linke) Berufspolitiker private Wirtschaftsbetriebe, in denen Werte geschaffen werden und die nicht durch Subventionen am Leben gehalten werden, üblicherweise nie in ihrem Leben jemals von innen gesehen haben. Exemplarisch der Vorstoß der Chefin der Wiener Grünen, Vassilakou, die im Zuge der Debatte um den Mangel an Mietwohnungen eine Mietzinsobergrenze von sieben Euro pro Quadratmeter gefordert und damit ein bestürzendes Maß an Ahnungslosigkeit im Hinblick auf wirtschaftliche Gesetzmäßigkeiten offenbart hatte. Politische Träume können die harte Realität des Zusammenhanges von Angebot und Nachfrage eben nicht aufheben.
Fazit: Zwar klingen die Ausführungen des grünen Budgetsprechers über weite Strecken gar nicht so übel. In der Realität jedoch – dort, wo Grüne tatsächlich über die Macht zu Umsetzung ihrer Vorstellungen verfügen, wie das etwa in Wien der Fall ist, läuft Grünpolitik, wie Nikolaus Jilch in der Wiener „Presse“ kürzlich ebenso pointiert wie zutreffend feststellte, auf die Trias „verbieten, verteuern oder Radweg“ hinaus…
Andreas Tögel