Schattenwirtschaft: Fluch oder Segen für die legale Volkswirtschaft?
Will man die Frage nach der Bedeutung der Schattenwirtschaft für die legale Wirtschaft beantworten, dann ist es zunächst notwendig exakt festzulegen, was man unter Schattenwirtschaft eigentlich versteht. Denn je nach dem Begriffsinhalt, den man mit dem Wort Schattenwirtschaft verbindet, ist diese Schattenwirtschaft eine Gefahr, eine Bedrohung, also ein Störfaktor für die offizielle Wirtschaft – ganz unabhängig davon , ob es sich dabei um kriminelle, strafbare Aktivitäten handelt oder nur um moralisch nicht vertretbare – oder aber auch ein teilweise sehr wertvoller Bestandteil und eine wünschenswerte Ergänzung der legalen Wirtschaft.
Da man heute die Schattenwirtschaft, ohne näher darauf einzugehen, was man eigentlich unter diesem Betriff versteht, immer nur als etwas Unerwünschtes, Schädliches und deshalb zu Bekämpfendes betrachtet, möchte ich hier zunächst eben einmal darauf hinweisen, dass diese negative Bewertung der Schattenwirtschaft nur dann berechtigt ist, wenn man unter dem Begriff der Schattenwirtschaft nur deren schädliche Wirkung auf die Volkswirtschaft versteht und die positive überhaupt nicht berücksichtigt.
Ich meine deshalb, man sollte unter dem Begriff Schattenwirtschaft alle Prozesse in der "Gesamtwirtschaft" verstehen, die von keiner Behörde und von keinem Amt erfasst werden und damit auch keiner Kontrolle unterliegen. Die Gesamtwirtschaft besteht dann aus der legalen Volkswirtschaft und der Schattenwirtschaft, deren Umfang durch die Behörden nicht erfasst wird und deshalb auch nur schwer indirekt abgeschätzt werden kann, wobei diese beiden Wirtschaftsprozesse aber nicht unabhängig voneinander sind, sondern sich gegenseitig beeinflussen.
Es erscheint zweckmäßig die vielen wirtschaftlichen Tätigkeiten, die von keiner Statistik erfasst werden, in drei Gruppen zusammenzufassen:
In solche, die weder moralisch vertretbar noch gesetzlich erlaubt sind, in solche, die zwar illegal, aber in vielen Fällen durchaus moralisch vertretbar sind und solche, die sowohl moralisch vertretbar als auch gesetzlich zulässig sind.
Der bei dieser Betrachtungsweise verwendete Begriff der Schattenwirtschaft umfasst dann nicht nur die für die legale Wirtschaft schädlichen Sparten dieser Untergrundwirtschaft, sondern auch eine Menge von für die Volkswirtschaft wichtigen, wünschenswerten Zweigen, deren Bedeutung heute wohl zweifellos immer mehr zunimmt.
Die Zusammenfassung der legalen Wirtschaft mit diesen wünschenswerten Sparten der Schattenwirtschaft, möchte ich im Folgenden mit "Dualwirtschaft" bezeichnen, die ich als in der Zukunft anzustrebende Form einer gesunden Wirtschaft betrachte.
Der Hauptanteil der, der Volkswirtschaft dienlichen Schattenwirtschaft, ist die "Selbstwirtschaft". Diese besteht aus Nachbarschaftshilfe, Selbsthilfegruppen, Haushaltsarbeit, Do-it-yourself (Möbelanfertigung, Autoreparatur, Tapezieren, Anstriche, etc.), Gartenarbeit einschließlich Obst- und Gemüseproduktion, Kleintierzucht, erlaubter Handel mit Autos, Antiquitäten, Bildern und Kunstwerken, usw.
Im Folgenden sei noch etwas näher definiert, was unter den 3 Begriffen "Schattenwirtschaft", "Selbstwirtschaft" und " Dualwirtschaft" zu verstehen sein sollte.
Umfang der Schattenwirtschaft
Es erscheint zweckmäßig die vielen wirtschaftlichen Tätigkeiten, die von keiner Statistik erfasst werden, in drei Gruppen zusammenzufassen:
In solche, die weder moralisch vertretbar noch gesetzlich erlaubt sind, in solche, die zwar illegal, aber in vielen Fällen durchaus moralisch vertretbar sind und solche, die sowohl moralisch vertretbar als auch gesetzlich zulässig sind.
Zu den Tätigkeiten in diesen drei Gruppen sind etwa die folgenden zu zählen:
- Kriminelle Tätigkeiten mit ausschließlich negativer Auswirkung auf die Gesamtwirtschaft:
- Rauschgifthandel (die Umsätze übertreffen die des Automobilhandels in den USA, allein der Kokainumsatz beträgt zur Zeit 100 Mrd. $)
- illegaler Waffenhandel und Waffenschmuggel
- Mädchenhandel und Prostitution ( die Einnahmen der Liebesdienerinnen gehören, trotzdem sie offiziell steuerpflichtig sind, praktisch zum steuerfreien Markt, weil nur etwa 15% der Dirnen offiziell registriert sind. Nach Berichten der EU-Kommission machen die Mädchenhändler in Europa einen Gewinn von 107 Mrd. $ im Jahr. Nach einem Artikel in NEWS (12/2002) gibt es in Österreich 15.000 Prostituierte, von denen aber nur 2300 registriert sind. Das Honorar für einen Liebesdienst liegt je nach Qualifikation der Dame zwischen 100 und 400 EUR, im Mittel bei 220 EUR. Und jede Dirne hat durchschnittlich täglich 3 Freier. Das ergibt einen Jahresumsatz von 2 Mrd. EUR. (15.000x3x220 = 10.000.000 EUR/Tag x 200, wenn man annimmt, dass durchschnittlich nur an 200 Tagen im Jahr gearbeitet wird.) In Wien gibt es 5000 Dirnen, die somit 660.000.000 EUR umsetzen. Von diesen Gesamteinnahmen erhalten die Dirnen natürlich nur etwa 30%, den Rest die Zuhälter, Mädchenhändler und Bordellbesitzer. Aber für die Bedeutung des Faktors Prostitution als Teil der Schattenwirtschaft steht eben doch der beachtliche Betrag von ca. 2 Mrd. EUR)
- Menschenhandel mit Arbeitskräften ( Transfergebühr pro Kopf 5000 EUR, anschließend 10% Tangente an die Menschenhändler, solange "Schwarzlohn" bezogen wird)
- Bankraub, Kidnapping und Lösegelderpressung
- Erpressung und Schutzgeldforderungen
- Diebstahl und Hehlerei ( allein der Autodiebstahl in Italien beträgt 1 Mrd. EUR/Jahr, in Deutschland 250 Mill. EUR/Jahr)
- Betrug, vornehmlich mit Vermögensanlagen, Verkauf von Scheinwaren (Messing statt Gold, Wasser mit Zucker als Wein, usw.), Computerbetrug
- Korruption und Bestechung
- Aktivitäten mit teils negativen und teils positiven Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft:
Sie bestehen im wesentlichen in Steuerhinterziehung und sind deshalb auch gesetzlich verboten, obwohl sie in vielen Fällen trotzdem moralisch vertretbar wären. Zu dieser Sparte der Schattenwirtschaft gehören alle Arbeiten und Dienstleistungen ohne Rechnungslegung, von Handwerkern, Ärzten, Rechtsanwälten,
Nachhilfelehrern, Sachverständigen, Steuerberatern, Bauarbeitern oder jede nur getarnte Nachbarschaftshilfe. Weiters gehören zu dieser Gruppe illegale Provisionen, sowohl legaler wie illegaler Handelsgeschäfte und der Schwarzhandel, soweit es sich nicht um den Vertrieb gestohlener Waren handelt, der natürlich nie moralisch vertretbar ist.
Als positive Auswirkung dieser verbotenen, aber moralisch oft durchaus vertretbaren Tätigkeiten, auf die Volkswirtschaft können nur folgende Argumente betrachtet werden: Viele Wertschöpfungen, die zur Steigerung des Vermögens jedes Einzelnen und damit des Volksvermögens beitragen, wären ohne Beiträge aus der Schattenwirtschaft gar nicht finanzierbar und daher unmöglich. Die Mehrzahl der kleinen Eigenheime wäre ohne gesetzlich zulässige oder erweiterte Nachbarschaftshilfe nicht entstanden, und besonders bei Firmengründungen ist oft auf die Hilfe der Schattenwirtschaft nicht zu verzichten.
Vor allem aber aus sozialen Gründen ist eine Tätigkeit als Schwarzarbeiter der eines Arbeitslosen vorzuziehen und mit Rücksicht auf die Erhaltung, Erweiterung und Entfaltung von Fertigkeiten zu begrüßen. Der Schwarzarbeiter lernt auch während seiner illegalen Tätigkeit immer etwas Neues hinzu, oft mehr als während seiner offiziellen Tätigkeit, er kann über seine Zeit frei verfügen und oft effizienter und produktiver tätig sein als während seiner "unselbständigen" Tätigkeit.
- Legale Tätigkeiten mit nur positiver Auswirkung auf die Gesamtwirtschaft und auf den Lebensstandard der Bevölkerung: